Autor:
Helmut Heimrich (Die Chronik wurde auf dem Kommers am 5.8.1990 verlesen
und beruht auf Aufzeichnungen von Leonhardt Ritz und den auf ihm basierenden
Fassungen aus den Jahren 1970 und 1980 und sie wurde erstmals im Rahmen einer
Festschrift zum 70jährigen Jubiläum veröffentlicht, Anm.: bh,
Herbst 1990 )
Aus der Festschrift des SV Steinbach zum 70. Jubiläum:
Im Wesentlichen stützen sich die
folgenden Ausführungen auf die Aufzeichnungen des Gründungsmitgliedes und bis
ins Rentenalter für den Verein tätigen Leonard Ritz: Der erste Weltkrieg war
beendet. Es folgte eine schlechte Zeit. Die Lebensmittel waren knapp. Eine
schleichende Krankheit, die Inflation, breitet sich immer weiter aus. In dieser
Zeit suchte die Jugend und besonders die Jugend auf
dem Lande nach freizeitlicher Betätigung. Die Jugend fand diese Betätigung in
Sport und Spiel. Insbesondere Fußball, Leichtathletik und Turnen waren sehr
beliebt.
Um die sportliche Betätigung zu
organisieren und systematisch zu erweitern, wurden entsprechende Vereine
gegründet. Auch im Hünfelder Land wurden Sportvereine ins Leben gerufen. So
fanden sich schließlich in Steinbach junge Leute zusammen und diskutieren über
die Gründung eines Sportvereins. An dieser Stelle soll die Mitteilung des
langjährigen Vorsitzenden Anselm Herr Erwähnung finden, die er anläßlich des 40jährigen Jubiläums machte: "Schon im
Jahre 1913 hatte sich in Steinbach eine Fußballgruppe gebildet, die sogar mit
Neukirchen ein Spiel machte. Man habe damals noch mit langen Hosen und
Nagelschuhen gespielt."
Im Juni 1920 war es dann soweit. Durch
"Herumsprache" fanden sich an einem
Sonntag, vermutlich war es der 20. Juni, in der Gastwirtschaft Walk eine große
Anzahl junger Leute im Alter von 18 bis 25 Jahren ein. Nach einer begeisterten
Aussprache kam man überein, einen Sportverein zu gründen. Als
Gründungsmitglieder sind folgende Personen festgehalten:
Aloysius
Klüber, Leonhard Liebeck, Theodor Kircher, Franz Keller,
Hermann Dehler, Karl Gutberlet, Willi Jandt, Albert Gemming, Anselm Herr, Leonard Ritz, Wilhelm Eckart, Karl
Most, Josef Vogel, Wunibald Wiegand, Karl Ritz, Wilhelm Bott, Aloysius Hahn,
Josef Lohfink, Cornelius Most, Vitus Most, Josef Kalb.
In seinen Aufzeichnungen erwähnt L.Ritz noch zusätzlich Adolf Vogel, Richard Gerhard, Josef
Albrecht, Cyrakus Albrecht, Hans Günther, Adam Vogel,
Leonhard Most, Georg Nüske, Emil Vogel, Christoph Müer und August Dietrich, die zur gleichen Zeit oder wenig
später dem Verin beigetreten sind.
Zum 1. Vorsitzenden wurde Franz Keller
gewählt. Adolf Vogel wurde 1. Schriftführer, Leonard Ritz wurde das Amt des 1.
Kassierers anvertraut. Hermann Dehler wurde zum 2. Vorsitzenden, Karl Gutberlet
zum 2. Schriftführer und Leonhard Liebeck zum 2. Kassierer gewählt.
h.v. l.: Aloysius
Klüber, Albert Gemming,
Wilhelm Bott, Karl Gutberlet, Wunibald Wiegand,
Willi Jandt, Karl Ritz, Vitus Most, Leonard Ritz, Cornelius Most,
Josef Vogel, Adolf Vogel
mittlere
Reihe: Leonhard Liebeck, Karl Bott, Karl Most, Josef Kalb, Hermann Dehler,
Franz Keller, Josef Lohfink, Theodor Kircher vordere Reihe: Aloysius Hahn,
Wilhelm Eckart, Anselm Herr
Es galt nun, dem Verein auch einen
Namen zu geben. Der damalige hier amtierende Hauptlehrer Christoph Müer schlug vor, den Verein "Turn- und
Fußballverein" zu nennen, da man das Turnen und die Leichtathletik
einbeziehen wollte. Dieser Vorschlag wurde angenommen. Einige Jahre später
wurde der Verein dann in "Sportverin Steinbach
1920" umbenannt. Gründe für die Namensänderung sind nicht bekannt. Somit
bestand neben dem Männergesangverein "Cäcilia", der im Jahre 1900
gegründet wurde und dem Kriegerverein (heute Kyffhäuserkameradschaft) der
Sportverein als 3. Verein. andere Vereine, wie z.B. der Junggesellenverein
"Einigkeit und Frohsinn", existierten nur vorübergehend. Aus
Gründungsaufzeichnungen des Sängerchores "Harmonie" Steinbach geht
hervor, dass im Jahre 1926 junge Männer aus den Reihen des Sportvereins den
Sängerchor gegründet haben.
Da zur Führung eines Vereins auch
Geldmittel zur Verfügung stehen müssen, wurden 1 Reichsmark als Eintrittsgeld
und 50 Pfennig als monatlicher Mitgliedsbeitrag festgesetzt.
Der Grundstein für die sportliche
Betätigung in Steinbach war nun gelegt. Wer aber glaubte, das Fußballspielen
gegen andere Mannschaften konnte nun sofort beginnen, sah sich getäuscht. Die
Beschaffung von Spielmaterial war nur eine finanzielle Frage, es mussten aber
auch Spieler vorhanden sein. Nur ganz wenige der neuen Mitglieder hatten schon
einmal ein Fußballspie gesehen. Noch weniger hatten
je einen Fußball getreten.
Hauptlehrer Müer
war auch hier wieder sehr hilfsbereit. Er brachte den Spielern die
Grundbegriffe des Fußballspielens bei. Da er in seiner Studienzeit schon in
Fußballspielen mitgespielt hatte und zudem ein guter Verteidiger war, gab er
den richtigen Mann dafür ab. Einen zweiten Helfer fand der Verein in dem
Berliner Willi Jandt. Er lernte gegen Ende des
Krieges in Steinbach seine Frau kennen, wohnte einige Jahre hier und zog dann
wieder nach Berlin. Ihm verdankte der Verein die baldige Aufstellung der 1.
Vereinssatzung, die leider verlorengegangen ist.
Der Fußballbetrieb konnte nun richtig
beginnen. Für das erste Stiftungsfest im Jahre 1921 wurde die 1. Mannschaft aus
Burghaun als Gegner eingeladen. Es war das erste Spiel gegen eine auswärtige
Mannschaft und ging mit 0:5 verloren. Nach dem Motto "Aller Anfang ist
schwer" ließ man sich nicht entmutigen. Doch die Schwierigkeiten waren
größer, als alle ursprünglich angenommen hatten. Der damalige Ortsgeistliche
konnte sich mit dem Vorhandensein eines Sportvereins nicht abfinden. Auch die älternen Mitbürger von Steinbach standen zumeist auf der
Seite der Kirche. Sie mißbilligten ebenfalls das
Fußballspielen. Wie groß damals die Schwierigkeiten waren, soll hier nur an
einem Beispiel erläutert werden: Zum Austragen eines Fußballspiels gehört
notwendigerweise ein geeignetes Gelände. Eine Wiese oder ein anderes, zum
Fußballspielen geeignetes Gelände wurde aber den Spielern nicht zur Verfügung
gestellt. Man ließ sich dadurch nicht entmutigen. Es wurden zerlegbare Tore
gebaut, deren Pfosten mit eisernen Spitzen versehen waren. Diese Tore wurden
dann auf der Wiese aufgebaut, die für das Spiel an diesem Sonntag ausersehen
war. Bis der Besitzer der Wiese dahinterkam, war das
Spiel zu Ende, und die Tore waren längst wieder in Sicherheit. So ging es an
jedem Spieltag auf eine anderes Gelände. Manchmal
wurde auch mit polizeilicher Anzeige gedroht. Den Vorstandsmitgliedern blieb
dann nichts anderes übrig, als den Besitzer aufzusuchen und ihn wieder zu
beruhigen.
Einen schweren Rückschlag erlitt der
Verein, als durch Vorkommnisse, die nichts mit dem Sportverein zu tun hatten,
der Hauptlehrer Müer aus dem Verein austrat und sogar
zum Gegner des Vereins wurde.
Doch der Idealismus der
Vereinsmitglieder wurde nicht gebeugt, im Gegenteil, der Zusammenhalt wurde
immer stärker und die Mitgliederzahl immer größer.
Im Jahre 1924 fand man endlich ein
Gelände am Tannenwald, das nun viele Jahre als Sportplatz diente. Dieser Platz
wurde von Heinrich Weber für 100 Mark gepachtet. Durch die damals immer größer
werdende Arbeitslosigkeit fiel es oft schwer, diesen Betrag pünktlich zu
zahlen. Daher wurde der Platz mehrmals aufgekündigt. Diese kritischen
Situationen konnten dadurch gemeistert werden, dass der damalige
Kreisjugendpfleger, Oberlehrer Möller, mit Beihilfen aus dem
Kreisjugendpflegefond aushalf. Da die immer wiederkehrenden Pachtbeträge zu
hoch wurden, stellte man im Jahre 1928 einen Antrag an den Kreis Hünfeld, sich
mit einem Betrag an dem Kauf des Platzes zu beteiligen.
Der Antrag hatte Erfolg, zumal Herr
Weber bereit war, den Platz für 500 RM zu verkaufen. An den Kosten beteiligten
sich der Kreis mit 300 RM, die Gemeinde mit 100 RM und der Sportverein mit ebenfalls
100 RM. Der Platz wurde der Gemeinde übereignet.
Im Jahre 1923 verließ der 1.
Vorsitzende Franz Keller Steinbach, um nach Amerika auszuwandern. An seine
Stelle wurde Anselm Herr gewählt, der viele Jahre hindurch dieses Amt
bekleidete. Der Verein spielte ab dem Jahre 1924 in der C-Klasse des
osthessischen Spielverbandes im Kreis Hünfeld. Zwei Mannschaften wurden seit
Vereinsgründung unterhalten, wenn auch die 2. Mannschaft manchmal zurückgezogen
wurde. Spiele wurden auch gegen Mannschaften aus Hünfeld und Fulda (u.a. Reichswehr) bestritten.
Ein Bild aus dieser Zeit zeigt Fußballer, die über viele Jahre hinweg spielten
In den 20er Jahren unterhielt der
Verein auch eine Leichtathletikabteilung. Es wurden fast alle
Leichtathletikkonkurrenzen betrieben:
100 m, 200 m, 400m, 4 x 100 m –
Staffel, 4 x 400m – Staffel, Weitsprung, Dreisprung und Kugelstoßen.
Besonders gut besetzt war die 4 x 100m –
Staffel mit August Dietrich, Wilhelm Eckart, Richard Gerhard und Wunibald
Wiegand, weiter wirkten noch mit:
Josef Lohfink, Hans Günther, Emil Vogel
und viele andere. Die vielen errungenen Preise und Plaketten haben es bewiesen.
In den Langlaufdisziplinen 1.500 und 5.000 beteiligten sich vor allem Cyriakus Albrecht und Josef Wiegand.
Im Rahmen eines Sportfestes, so
erinnert sich Franz Dietrich, habe man mit Eiterfelder Läufern einen
Staffellaufwettbewerb durch die Kreuzgasse und die "Saugasse"
veranstaltet. Den errungenen Steinbacher Sieg habe die Sportgemeinschaft
anschließend unter freiem Himmel mit einem Tanzpodium in "Kiele
Garten" gefeiert, weil keiner der beiden heimischen Gastwirte den Saal zur
Verfügung stellte. Ein anderes Mal wurde ein Sportfest mit Fußballspielen auf
"Bohde Wies" im Diemer
gefeiert. Das Bier wurde mit einem Pferdefuhrwerk auf holprigen Wegen
angeliefert. Auch wurden den Besuchern Würstchen zum Verzehr gegen Bezahlung
angeboten.